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Digitalisierung:„Gerade im Mittelstand passiert einfach zu wenig“ (Welt.de, 2020)

Zu kompliziert, zu lange, zu teuer: Der Mittelstand tut sich bei der Einführung digitaler Prozesse schwer. Nun drängen IT-Unternehmen auf den Markt, die das ändern wollen. Doch Unternehmern fehlt es oft an Mut, an „visionärem und riskanten Denken“. Deutschland verschläft die Digitalisierung. Wenn nicht bald ein Umdenken stattfindet, läuft die Wirtschaft Gefahr, international Anschluss zu verlieren – seit Jahren geistern diese und

ähnliche Warnungen durch die Presse und durch Chefetagen. Die Klischees sind bekannt: Das Internet sei schlecht, Behörden inkompetent und viele Mittelständler im digitalen Dornröschenschlaf. Die Gründe der Skepsis des Mittelstands gegenüber der Digitalisierung sind jedoch vielfältig – einige sind nachvollziehbar, andere offenbaren ernste Probleme. Gebetsmühlenartig fordern Experten, Unternehmen sollten gerade in Krisenzeiten die Digitalisierung vorantreiben, um endlich das Ende der ewigen Zettelwirtschaft einzuleiten. „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen jetzt auf die Digitalisierung konzentrieren“, drängt etwa Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom. Sein Urteil: „Gerade im Mittelstand passiert einfach zu wenig.“


Neu ist dieses Credo nicht. Und tatsächlich scheint die Corona-Pandemie immerhin für etwas Aufwind zu sorgen: Fast 50 Prozent der Mittelständler möchte sich mit Hilfe externer Berater digitalisieren, meldete kürzlich eine Umfrage unter 323 Geschäftsführern der Berater-Plattform „Consultport“.



Die nackten Zahlen sagen etwas anderes: Nur wenige Geschäftsmodelle sind bislang digitalisiert, wie eine Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) belegt. Digitale Lösungen spielen im Mittelstand demnach immer noch eine untergeordnete Rolle.

Am weitesten abgeschlagen ist der Maschinenbau. „Das ist alarmierend, ist diese Branche doch das Rückgrat der deutschen Wirtschaft“, sagt Gerrit Sames, der an der THM lehrt und die Studie mitverfasst hat.

Volle Auftragsbücher bremsen den Fortschritt

„Möchte der Mittelstand seine noch gute Position im globalen Wettbewerb halten, muss er sich dringend weiter digitalisieren“, findet der Wirtschaftsforscher, der früher selbst einmal Chef eines mittelständischen Unternehmens war. „Dass wir bei der Digitalisierung hinterherhinken, ist noch freundlich formuliert“, sagt Sames im Gespräch mit WELT. Manch ein Geschäftsführer habe sich über Jahre zurückgelehnt – volle Auftragsbücher hätten wenig Anlass zum Umdenken gegeben. Doch sich auf den Erfolgen der

Vergangenheit auszuruhen, könne sich kaum noch jemand leisten. „Die Pandemie hat viele kalt erwischt. Dass man zum Beispiel keine digitalen Onlineshops oder Showrooms für seine Produkte anbietet, rächt sich nun, da kaum noch physischer Kundenkontakt stattfindet.“



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